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Soldaten erobern den Esel
Der Kramerplateauweg, der idyllisch gelegene Herrgottschrofen an der Loisach, die Routen zur Stepbergalm – nach dem Tierheim in der Schmalenau beginnt eines der Naherholungsgebiete von Garmisch-Partenkirchen. Eines für Einheimische und Gäste. Wanderer, Spaziergänger, Radfahrer und Gassigeher nutzen die Wege im Kramergebiet. Dass der Großteil des Areals als militärischer Bereich gilt, war sicher nur wenigen bewusst. Das wird sich nun ändern.

Den Standortübungsplatz „Am Esel“, den die Amerikaner im Oktober 2014 zurückgegeben haben, nutzen seither das Gebirgsjägerbataillon 233 und der Ausbildungsstützpunkt Gebirgs- und Winterkampf aus Mittenwald, um sich beispielsweise auf Auslandseinsätze vorzubereiten. Und das bald im großen Stil. Was mit tageweisen Übungen einer Handvoll Soldaten begonnen hat, wird nun erweitert. „Die frühere Keanes Lodge wird seit Jahresanfang umgebaut, damit dort 80 bis 100 Soldaten nächtigen können“, sagt Oberstabsfeldwebel Wolfgang Badstöber, der für das 160 Hektar große Areal zuständig ist. Zum 1. Juli soll das Haus bezugsfertig sein.

Argumente, wie das, dass die Mittenwalder Einheiten doch über ein entsprechendes Gelände am Hohen Brendten verfügen, kann Badstöber schnell entkräften. Der Isartaler Standortübungsplatz ist mit seinen 546 Hektar zwar wesentlich größer als sein Garmisch-Partenkirchner Pendant, „aber extrem ausgelastet und permanent voll. Deshalb brauchen wir dringend eine Ausweichmöglichkeit.“ Kein Wunder also, dass die Bundeswehr sofort ihren Bedarf angemeldet hat, als sich die Amerikaner von der Fläche verabschiedeten.

Bundeswehr liegt am guten Miteinander

Womit Badstöber und seinen Kameraden jetzt aber konfrontiert werden, ist das Gewohnheitsrecht, auf das gerade Einheimische pochen. Ein Grund für sie, den Kramerplateauweg möglichst auszusparen. „In den vergangenen zehn Jahren ist auf diesem Gelände halt kaum etwas passiert“, sagt der Garmisch-Partenkirchner. Dafür hat der Oberstabsfeldwebel Verständnis. Wofür er jedoch keines hat, sind unflätige Beschimpfungen, denen Soldaten ausgesetzt waren, die in jüngster Zeit verstärkt am Esel zu tun hatten. Und auch die blinde Zerstörung von Hinweisschildern, die an den Zugängen stehen, und dem Schrankenschloss stößt ihm sauer auf. Badstöber liegt schließlich am guten Miteinander – mit allen Seiten. Daher habe er sämtliche Betroffenen über die Bundeswehr-Pläne informiert.

Die Hinweisschilder hinter dem Tierheim erklärt Oberstabsfeldwebel Wolfgang Badstöber einem Spaziergänger.

Davon, dass das Areal künftig stärker frequentiert wird, wissen der Ortsverband des Technischen Hilfswerks (THW), der im Anschluss ans Tierheim seit den 1960er Jahren ein sechs Hektar großes Übungsgelände nutzt, und die Garmischer Weidegenossen noch nichts. Während THW-Ortsbeauftragter Bernhard Schrallhammer wenig Berührungspunkte fürchtet – „wir sind immer am Freitagabend aktiv“ –, ist Josef Glatz gespannt, wie die eigentumsgleichen Rechte der Weidegenossenschaft mit dem Vorhaben der Soldaten vereinbar sind.

Vom 15. Mai bis 15. September steht ihnen das Areal am Esel zur Verfügung – für die Vor- und Nachweide von Schafen und Jungvieh sowie die gesamten vier Monate für Kühe und Ziegen. „Wir zäunen jetzt bald ein und hängen auch die Gatter wieder ein“, erklärt der Vorsitzende. Ihr Recht dazu geht aufs 14. Jahrhundert zurück, seit 1908 ist es im Grundbuch eingetragen. Nachdem die Bundeswehr besagte 160 Hektar wieder übernommen hatte, habe es tatsächlich Absprachen gegeben, erinnert sich Glatz. „Vielleicht gelten die ja weiterhin.“ Mehr weiß er kommende Woche nach dem Gespräch mit der Bundeswehr.

Auf genaue Vereinbarungen pocht auch Tessy Lödermann, Vorsitzende des Tierschutzvereins Garmisch-Partenkirchen. Knapp 9000 Quadratmeter umfasst ihr Grundstück, für das sie mit der Gemeinde einen Erbpachtvertrag geschlossen hat. „Warum das Tierheim im Standortübungsplatz eingezeichnet ist, erschließt sich mir nicht.“ Ein Blick ins Grundbuch habe ihr gezeigt, dass von Beschränkungen zu Gunsten der Bundeswehr darin nichts verankert ist. Das hat auch Badstöber nach einem persönlichen Gespräch eingesehen und zugesichert, diese Fläche wie den Solarpark am Lachen als Sperrgebiet einzuzeichnen.

Auch auf eine Geschwindigkeitsbegrenzung von zehn Stundenkilometern im Umfeld des Tierheims verständigten sie sich. „Dafür werden jetzt zwei Schilder aufgestellt“, sagt Lödermann. Neben dem zunehmenden Verkehr auf der Forststraße sorgt sie sich auch um ihre frei laufenden Katzen und die Möglichkeiten für ihre Gassi-Geher. Deshalb wurde ausgemacht, dass sie und ihr Team im Vorfeld jeder Übung informiert werden.

Die Wege, die Gäste und Einheimische nach der Reaktivierung des Übungsplatzes nutzen können, hat Tourismusdirektor Peter Nagel ebenfalls im Blick. „Hier geht ein Kleinod verloren“, fürchtet er. „Die Verlierer sind die, für die dieses Gebiet eine Oase der Ruhe war.“ Das Miteinander zwischen Militär und Wanderern werde spannend. „Um Konflikte zu vermeiden, ist eine frühzeitige Kommunikation von eventuellen Behinderungen wichtig. Damit steht und fällt das Ganze.“

Keine Übungen mit scharfer Munition

Bundeswehr-Konvoi: Fahrzeuge dieser Größenordnung sollen am Übungsplatz eingesetzt werden.© Bundeswehr

Badstöbers Zusage, sich mit allen Seiten zu verständigen, steht. Und die gelte auch für seinen Nachfolger, versichert der Oberstabsfeldwebel, der in zwei Monaten in den Ruhestand geht. „Um zu verhindern, dass ein unbedarfter Wanderer während einer Übung der Bundeswehr zu gesundheitlichem Schaden kommt, ist der Zutritt zu diesem ,Militärischen Bereich‘ während dieser Zeiten beschränkt“, verdeutlicht Badstöber das Vorgehen. Aufgrund ihrer Verkehrssicherungspflicht verfügten Soldaten dort über das „Hausrecht“ und „können zivile Personen von dort verweisen, wenn es notwendig erscheint“. Ansonsten stehe das Gelände Einheimischen und Gästen zur Verfügung. Was Badstöber schon im Vorfeld am Esel ausschließt, sind Großübungen mit großen Panzern oder Vergleichbarem sowie den Gebrauch von scharfer Munition. Trotzdem gilt freilich: Gefundene Patronenhülsen oder Ähnliches dürfen keinesfalls mitgenommen werden.

„Die Bundeswehr ist sich der Nähe des Geländes zu bewohntem Gebiet sowie der Sensibilität der Umwelt im Werdenfelser Land sehr wohl bewusst“, unterstreicht der Oberstabsfeldwebel. Zudem erinnert er an die traditionelle Verbundenheit mit der Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass auch viele Soldaten hier eng verwurzelt sind, könne davon ausgegangen werden, „dass wir auch im Umgang mit dem Übungsgelände Am Esel mit der gebotenen Umsicht und in Abstimmung mit den lokalen Behörden agieren werden“.