Gedanken zur Novellierung des Bundesjagdgesetzes von Tessy Lödermann
Der dem Kabinett vorgelegte Entwurf der Novellierung des Bundesjagdgesetzes ist schlimmer ausgefallen, als befürchtet. Der Tier-, Natur- und Artenschutz werden zugunsten der einseitigen Bevorzugung forstwirtschaftlicher Ziele ausgehebelt, ja aus dem Bundesjagdgesetz gestrichen. Dies wird schon beim § 1 BJagdG deutlich: Bisher war der Begriff der "Hege" die Verbindung zum Tierschutzgesetz, beinhaltete er doch die Verantwortung der Jäger für die Lebensgrundlagen, die Artenvielfalt und einen "waidgerechten" Umgang mit dem Wild. Hegeziel ist jetzt nicht mehr die Verantwortung für unsere Mitgeschöpfe, sondern "die Verjüngung des Waldes ohne Schutzmaßnahmen." Reh, Gams und Rotwild sind nicht für den Klimawandel und eine seit Jahrzehnten verfehlte Forstpolitik verantwortlich. Sie sind die Sündenböcke für menschliches Versagen und werden nicht mehr als Kultur- und Naturgut, als wichtige Bestandteile der Biodiversität und der Ökosysteme, sondern nur noch als Sörfaktoren der Waldentwicklung gesehen und bekämpft. Um wen geht es denn eigentlich? Um das Rotwild, das in Bayern nur noch 14 Prozent der Fläche des Freistaats nutzen darf, im Winter in seinen eigentlichen Sommerlebensräumen eingesperrt wird und außerhalb der Rotwildgebiete auf 86 Prozent der Freistaatfläche per Gesetz eleminiert werden muss. Um das Gamswild, das erst im Oktober 2020 vom Umweltbundesamt auf die Vorwarnstufe der Roten Liste gesetzt wurde und dem durch Schutzwaldsanierungsflächen bereits ein Großteil seiner Winter- und Frühjahrslebensräume genommen wurde. Und um das Reh, dass ein tagaktiver Bewohner von Wiesen und Waldrändern ist und von dem enormen Jagddruck in den Wald gedrängt wird. Wildschäden sind zum größten Teil unserem menschlichen Verhalten geschuldet. Freizeit- und Jagddruck, fehlende Wildlebens- und Ruheräume und die Verweigerung von jeglichen Schutzmaßnahmen für forstliche Pflanzungen oder Naturverjüngung sind einige der Ursachen. Diese Novellierung des Bundesjagdgesetzes entbehrt jeglichem ökologischen oder wildbiologischen Fachwissen das nötig ist, um Wald und Wild gerecht zu werden. Er tritt das Staatsziel Tierschutz mit Füßen und macht die Jägerschaft zu Totschießern, denen dieVerpflichtung zur Hege und die Waidgerechtigkeit aus dem Gesetz gestrichen wurde. Der Satz "Wer Waldbau nur mit der Kugel betreibt hat seinen Beruf verfehlt und offenbart seine forstliche Inkompetenz" ist aktueller denn je.
Tessy Lödermann, Vizepräsidentin Deutscher Tierschutzbund, LV Bayern, Garmisch-Partenkirchen